Laktatmessung als IHT-Kontrolle

von | Mrz 21, 2024 | Archiv, Praxis, Studien | 0 Kommentare

Intervall-Hypoxie-Trainings (IHT) wirken positiv auf die Mitochondrien. Der Basislaktat-Wert eignet sich zur Bewertung der Effizienz des Trainings. Eine Studie liefert Anhaltswerte für die Anwendung der Laktatmessung in der IHT-Praxis.

Das IHT verbessert die Funktionsfähigkeit der Mitochondrien, aber kann man die Verbesserung auch messen? Ja, indirekt ist es möglich. Die meisten Tests erfordern jedoch die Unterstützung eines Labors und eignen sich daher eher für einen Vorher-Nachher-Vergleich bei einer Hypoxie-Kur. Als Alternative empfehle ich einen Laktat-Test. Dieser kann eigenständig durchgeführt und kann deshalb auch während der Kur angewendet werden. Mit einem Mess-Kit erhält man innerhalb weniger Minuten ein Ergebnis.

Eine amerikanische Studie brachte mich auf die Idee, den Laktat-Test auch für eine Einschätzung des Zellstoffwechsels zu nutzen. In dieser Studie wurde die metabolische Flexibilität von Leistungssportlern, Hobbysportlern und Patienten mit einem metabolischen Syndrom verglichen. Die Ergebnisse und Ausführungen der Autoren liefern interessante Hinweise für die Anwendung von Basislaktatwerten in der IHT-Praxis.

Was bedeutet metabolische Flexibilität?

Der Begriff metabolische Flexibilität wurde im englischsprachigen Raum geprägt. Er wird im Zusammenhang mit Insulinresistenz verwendet. Studien der Wissenschaftler Kelley und Mandarino haben gezeigt, dass Menschen mit Diabetes Typ 2und Übergewicht eine verringerte metabolische Flexibilität aufweisen, was zu einer erhöhten Kohlenhydratverbrennung und einer erniedrigten Fettsäurenverbrennung in den Muskeln führt.

Metabolische Flexibilität beschreibt die Fähigkeit des Körpers, je nach Bedarf Fette und Kohlenhydrate zur Energiegewinnung zu nutzen. Mit anderen Worten: Die metabolische Flexibilität beeinflusst die Effizienz der Energieproduktion in den Mitochondrien.

Wenn Sie mehr über dieses Thema erfahren möchte, empfehle ich Ihnen folgende Lektüre

Laktat und Mitochondrien

Laktat entsteht beim Abbau von Zucker (Glykolyse). Von den Mitochondrien wird das Laktat durch die mitochondriale Laktatdehydrogenase (mLDH) in Pyruvat umgewandelt und so im Citratzyklus weiter verstoffwechselt. Bei Bedarf können sie aus dem Pyruvat auch wieder Laktat bilden. Wieviel Laktat die Mitochondrien verarbeiten können, hängt von ihrer Anzahl und Leistungsfähigkeit ab.

Die sogenannte Laktatschwelle ist der Wert, bei dem sich Laktat im Blut schneller anreichert, als es abgebaut werden kann. Sie markiert den Punkt, an dem die Energieversorgung von aerob (mit Sauerstoff) auf anaerob (ohne Sauerstoff) umschaltet. Die Fettverbrennung kommt dann zum Erliegen.

Es wäre falsch, Laktat nur ein als Zwischenprodukt, zu betrachten. Es kann auch als Energiequelle dienen. Das Herz kann Laktat aus dem Blut aufnehmen und reoxidieren, um bis zu 60 Prozent seines Energiebedarfs bei hoher Belastung zu decken. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Laktat eine Signalfunktion haben und verschiedene zelluläre Prozesse beeinflussen kann. Es wird auch vermutet, dass Laktat die Genexpression in den Mitochondrien beeinflusst, indem es bestimmte Gene aktiviert oder hemmt, die mit dem Energiestoffwechsel und der Anpassung an eine Belastung zusammenhängen.

Studiendesign im Detail

An der Studie nahmen drei Gruppen teil: Die erste Gruppe bestand aus 22 Profi-Radsportlern mit internationalem Leistungsniveau. Die zweite Gruppe umfasste 20 Hobby-Sportler, die dreimal oder 150 Minuten pro Woche ein moderates Training durchführten. Die dritte Gruppe bestand aus 10 Patienten mit einem metabolischen Syndrom, die bereits unter einer Insulinresistenz bzw. unter Typ-2-Diabetes litten. Die Teilnehmer dieser Gruppe machten weniger als einmal pro Woche Sport.

Die Vorbereitungen für die Studie begannen bereits einen Tag vor dem eigentlichen Start. Beim Abendessen mussten die Teilnehmer den Kohlenhydratanteil auf unter 50 Prozent der Gesamtkalorienmenge reduzieren. Dieses Verhältnis wurde auch beim Essen am Testtag beibehalten. 1,5 Stunden vor Studienbeginn durften alle Teilnehmer weder essen noch Kaffee trinken. Sowohl am Vortag als auch am Testtag war intensives Training oder körperliche Belastung über 2 Stunden nicht erlaubt.

Für den eigentlichen Test wärmten sich alle Teilnehmer 15 Minuten lang auf einem Fahrradergometer mit einer Leistung von 100 Watt auf. Es gab keine weiteren Vorgaben für das Aufwärmen. Anschließend wurde die Leistung des Fahrradergometers alle 10 Minuten um 35 Watt gesteigert, bis die Teilnehmer den Test nach eigenem Ermessen abbrachen.

Während des Tests wurde der Sauerverbrauch und die Kohlendioxidabgabe über eine Atemmaske sowie die Herzfrequenz gemessen. Nach jeder Leistungserhöhung wurde bei den Teilnehmern ein Tropfen Blut aus dem Ohrläppchen für die Laktatbestimmung entnommen.

Ergebnisse der Studie

Wie erwartet, zeigten die Profi-Radsportler die längste Ausdauer. Ihre Laktatwerte blieben länger niedrig im Vergleich zu den Hobbysportlern und Patienten. Im Durchschnitt brachen sie den Test bei 380 Watt ab. Die Hobbysportler erreichten im Durchschnitt 300 Watt und die Patienten mit metabolischem Syndrom 180 Watt.

In der Studie fand ich die Abbildungen mit dem Kurvenverläufen für den Laktatanstieg in Verbindung mit der Fett- und Kohlenhydratverbrennung sehr aufschlussreich. Bei allen Teilnehmern sank die Kurve für die Fettverbrennung unter steigender Belastung ab, während die Kurven für Kohlenhydrate und Laktat anstiegen. Besonders interessant war für mich, wann sich die Kurven im Verlauf kreuzten bzw. bei welcher Leistung die Kohlenhydratverbrennung anstieg und die Fettverbrennung abnahm.

Bei den Profisportlern wurde dieser Punkt bei 300 Watt bzw. ungefähr 75 Prozent der erreichten Wattleistung erreicht, während es bei den Hobbysportlern 180 Watt bzw. etwa 50 Prozent waren. Bei den Patienten mit metabolischem Syndrom gab es im Verlauf der Leistungssteigerung keine Kreuzung der beiden Kurven. Sie bezogen ihre Energie von Anfang an hauptsächlich aus der Verbrennung von Kohlenhydraten.

Mein Fazit zur Studie

Ausdauersport trägt zur Verbesserung der Mitochondrienfunktion bei. Leider ist es vielen kranken Menschen nicht möglich, sich körperlich zu betätigen. Die Studie macht es noch einmal deutlich: Ohne funktionierenden Fettstoffwechsel sind die Patienten chancenlos bzw. würden sie sich mit erhöhter körperlicher Anstrengung eher schaden als nutzen. IHT ist deshalb eine gute Methode, weil eine sanfte Optimierung des Stoffwechsels möglich ist. Aber auch mit einem IHT kann man Patienten überfordern.

Nun widmen wir uns dem eigentlichen Thema: Wie können Sie die Laktatmessung zur Kontrolle der IHT nutzen?

Sportler zeichnen sich durch eine hohe metabolische Flexibilität aus. Ihre Mitochondrien funktionieren einwandfrei und können große Mengen an Laktat aufnehmen und verarbeiten. Dadurch können sie bei körperlicher Aktivität länger auf die Fettverbrennung zur Energiegewinnung zurückgreifen.

Bei Patienten mit mitochondrialer Dysfunktion, wie sie bei vielen chronischen Krankheiten vorkommt, ist die metabolische Flexibilität eingeschränkt. Ihre Mitochondrien verarbeiten bevorzugt Kohlenhydrate. Bereits in Ruhe ist ihr Laktat-Basalwert erhöht. Je mehr Laktat anfällt, umso stärker wird die Fettverbrennung unterdrückt. Die eingeschränkte Fettverbrennung erklärt, warum diese Patienten nur in begrenztem Maße körperlich aktiv sein können und trotz Anstrengung kein Gewicht verlieren.

Vorteile der Laktatmessung: Eine Laktatmessung ist einfach und kostengünstig und erfordert kein Labor. Innerhalb weniger Minuten erhält man ein Ergebnis, das Aufschluss über die Energieproduktion in den Mitochondrien gibt. Es sind wertvolle Hinweise für die Anwendung und Kontrolle des IHT bei Personen mit eingeschränkter metabolischer Flexibilität. Für die Einstellung der Trainingsparameter reicht der Basalwert aus.

Meine Empfehlungen zur Laktat-Messung: Der Laktat-Normwert liegt zwischen 0,5 und 2,2 mmol/l im Kapillarblut. Bei Patienten mit einer eingeschränkten Fettverbrennung kann der Basalwert zwischen 2 bis 4 mmol/l betragen. Dieser Einzelwert reicht für die IHT-Praxis aus, es muss nicht bis zur Laktatschwelle getestet werden.

Bei der Vorbereitung auf die Blutentnahme man sich an den Vorgaben der Studie orientieren. Hierzu gehören eine kohlenhydratarme Ernährung am Vortag und am Tag der Messung sowie eine Nahrungspause von 1,5 Stunden vor der Blutentnahme als auch der Verzicht auf Kaffee.

Der Laktatwert kann vor und etwa 10 Minuten nach dem IHT bestimmt werden. Bei den meisten Patienten mit eingeschränkter metabolischer Flexibilität wird der Wert nach dem IHT signifikant erhöht sein. Das entstandene Laktat konnte aufgrund einer mitochondrialen Dysfunktion noch nicht verarbeitet werden. Nach einigen IHT-Einheiten sinkt der Laktatwert vor und nach dem IHT.

IHT bei einer reduzierten metabolischen Flexibilität: Um Patienten mit einer eingeschränkten Fettverbrennung nicht zu überfordern, sollte der Einstieg in das IHT sanft sein. Ein Wechsel mit einer Normoxiephase ist schonender für den Organismus als mit einer Hyperoxiephase. Auch bzgl. des Abfalles der Sauerstoffsättigung im Blut während der Hypoxiephase empfehle ich, am Anfang nicht zu übertreiben.

Abschließend ein Beispiel für die Einstellung der Trainingsparameter: 4 bis 5 Minuten Hypoxiephase und eine Normoxiephase 5 bis 6 Minuten. Die Sauerstoffsättigung im Blut sollte während der Hypoxiephase bei 85 bis 87 Prozent liegen. Beide Phasen werden viermal abgewechselt.

Laktatmessung zur Hypoxie-Trainingskontrolle: Zur Überprüfung der Effizienz des IHT bzw. der Trainingseinstellungen kann der Laktatwert immer wieder erhoben werden. Etwa nach fünf IHT-Einheiten sollte der Laktatwert vor und nach dem Training jeweils geringer ausfallen als zu Beginn der IHT-Kur. Das wäre ein Anzeichen, dass sich die metabolische Flexibilität verbessert hat.

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