Ein Atemanhaltetest – nicht zu verwechseln mit einem Atemtest – zeigt einfach und schnell, ob der Körper in Topform ist oder (noch) nicht. Dabei geht es nicht darum, wie lange man die Luft anhalten kann, sondern um die Zeitspanne, bis der erste Atemimpuls ganz natürlich wieder einsetzt.
Zwar lassen Atemanhalte- wie Atemtest Rückschlüsse über den Gesundheitszustand der Testperson zu, doch beides sind ganz verschiedene Ansätze – auch, wenn sich die Namen ähneln und zur Verwechslung führen können.
Atemtests testen nicht das Atmen
Atemtests basieren auf dem Wissen, dass Bakterien im Magen-Darm-Trakt Substanzen spalten können. Dabei entstehen (Abfall-)Produkte wie etwa Kohlendioxid oder Wasserstoff, die zunächst in den Blutkreislauf gelangen und darüber weiter in die Lunge. Dort werden sie abgeatmet, sprich aus dem Organismus ausgeschieden, und können dabei gemessen werden.
Das Prinzip der diversen Atemtests gleicht sich: Es wird zunächst eine Ausgangsprobe der Ausatemluft genommen, anschließend eine Testsubstanz verabreicht und abschließend eine oder mehrere Vergleichsproben der Ausatemluft genommen. Die unterschiedliche Zusammensetzung der Luft vor und nach Verabreichung der Testsubstanz erlaubt Rückschlüsse auf Funktionsstörungen des Magen-Darm-Trakts (Magen, Dünndarm).
Atemtests nutzen also den Atem, das Atmen an sich spielt jedoch keine Rolle – wohl aber bei Atemanhaltetest: Hier stehen die Qualität und Art des Atmens im Mittelpunkt. Und die lassen noch weitere Rückschlüsse zu.
Atemanhaltetests prüfen das Atmen
Auch beim Atemanhaltetest gibt es verschiedene Verfahren, wie z. B. die Kontrollpause (oft nur als CP-Test bezeichnet), den Stange- oder den BOLT-Test. In aller Regel unterscheiden sie sich nur durch Details. Wichtig ist, dass es nicht darum geht, wie lange man willentlich die Luft anhalten kann, sondern rein um die Zeitspanne, bis der nächste Atemimpuls von alleine wieder einsetzt, also die ersten unwillkürlichen Bewegungen der Atemmuskulatur.
Denn die Atmung ist ein instinktiver Prozess, den ein gesunder Mensch gewöhnlich nicht bewusst steuert. Sie folgt in der Regel, vor allem in Ruhe und in einem entspannten Zustand, einem gleichmäßigen Atemmuster von einatmen, ausatmen und einer natürlichen Pause. Obwohl diese Atempause von den wenigsten Menschen bewusst wahrgenommen wird, ist sie der wichtigste Teil der Atmung. Ist sie nur kurz oder fällt sie aus, ist das kein gutes Signal, wohl aber, wenn sie lang, idealerweise 4 bis 5 Sekunden, anhält.
Vergleichbares gilt für den Messwert des bewusst vorgenommenen Atemanhaltetests: Je größer dieser – ganz natürlich und ohne zu großen Zwang – ausfällt, umso besser. Bei den meisten Menschen beträgt er etwa 20, ideal im Sinne von gesundheitlich optimal wären 40-60 Sekunden.
So wird der Atemanhaltetest gemacht
Sie sind neugierig geworden? Dann probieren Sie den Atemanhaltetest aus. Sie brauchen nur sich selbst und eine Stoppuhr, wie sie in der Uhr der meisten Smartphones integriert ist:
Für den Test setzen Sie sich entspannt auf einen Stuhl. Beide Füße haben Bodenkontakt. Die Arme liegen locker auf den Oberschenkeln oder auf den Stuhllehnen. Der Blick ist mit offenen oder geschlossenen Augen leicht nach oben gerichtet.
Bevor Sie mit dem eigentlichen Atemanhaltetest beginnen, atmen Sie ruhig ein paar Minuten durch die Nase. Versuchen Sie, einen Atemrhythmus zu finden, der sich angenehm und leicht anfühlt. Wichtig ist, dass Sie nicht verkrampfen, sondern die Luft ganz natürlich und ohne Anstrengung durch die Nase ein- und ausströmt. Denken Sie am besten gar nicht groß darüber nach, lassen Sie das Atmen einfach geschehen.
Starten Sie dann den Test, in dem Sie ganz normal tief ausatmen und sich dann die Nase mit den Fingern zuhalten. Ab jetzt wird die Zeit gemessen, bis die ersten Anzeichen für einen Atemimpuls einsetzen. Er kündigt sich mit einem Zucken der Bauchdecke an, weil sich die Atemmuskulatur zusammenzieht. Manchmal besteht auch das Bedürfnis zu schlucken. Ihr Körper signalisiert Ihnen, dass Sie wieder einatmen sollten. Jetzt die Zeit stoppen, die Nase wieder öffnen und normal einatmen – und den Atem wieder ganz normal fließen lassen.
Dabei gilt: Das Ziel des Tests ist es nicht, zu messen, wie lange Sie den Atem willentlich anhalten können, sondern wie lange Ihr Körper braucht, um auf den Luftmangel von alleine zu reagieren. Der Test wurde korrekt ausgeführt, wenn Sie im Anschluss ganz normal wie zuvor weiteratmen können. Dann haben Sie den Zeitpunkt für den natürlichen Atemantrieb richtig abgepasst.
Was der Atemanhaltetest signalisiert
Das Ergebnis des Atemanhaltetests lässt nicht nur Rückschlüsse auf die sportliche Leistungsfähigkeit zu, sondern bietet auch eine gute Einschätzung für den Gesundheitszustand, die Schlafqualität sowie den Umgang mit Stress und die Fähigkeit zur Entspannung – sowie die Qualität und Art des Atmens an sich.
Während der Atem angehalten wird, nehmen einerseits die Sauerstoffkonzentration im Körper ab und andererseits der Kohlendioxidgehalt zu. Es tritt ein ähnlicher Zustand wie bei einer körperlichen Belastung ein. Je nachdem, wie gut der Körper mit dieser Situation umgehen kann, fällt die Zeitspanne bis zum Atemimpuls länger oder kürzer aus. So lässt sich am Messwert auch ablesen, wie hoch das aktuell verfügbare Energiepotenzial ist – und/oder wie dieses verbessern.
Das langfristige Ziel sind Testergebnisse von 40 bis 60 Sekunden, was mit den passenden Maßnahmen von jedem erreicht werden kann. Zumal das Alter ebenso wie der Gesundheits- und Fitnesszustand darauf eher einen geringen Einfluss haben. Es gibt alte Menschen mit hohen Werten und Sportler mit sehr niedrigen.
Wie man seine Werte verbessern kann
Interessant an den Testergebnissen ist, dass sie sich eben als Maßstab für ein ganz individuelles Energie- und Atemtraining nutzen lassen. Sie liefern konkrete Anhaltspunkte, was für eine Erhöhung des Atemanhaltewerts getan werden kann.
Bei vielen Menschen reicht es anfangs schon, wenn sie nur an ihrer Atemtechnik arbeiten. Denn es ist nicht egal, ob man durch die Nase oder den Mund, nur leicht in die Brust oder doch tief in den Bauch atmet. Und ob das hektisch passiert und pausenlos – oder mit einer entspannten, längeren Atempause, so dass ein ruhiges Atemmuster entsteht.
Daher ist, gerade bei niedrigen Testwerten, letztlich nur ein richtiges Atemtraining zielführend, damit das Steigern des Atemanhaltewerts „folgenreich“ werden kann: Ab einer Verlängerung von 5 Sekunden hat man im Alltag z. B. bereits spürbar mehr Energie zur Verfügung. Bei einer Steigerung um 10 Sekunden verändert sich meistens das Essverhalten. Der Appetit auf frische, gesunde Lebensmittel steigt, das Verlangen nach Süßem und Fettigem sinkt.
Buchtipp: „10 Atemzüge und nie wieder müde“ (14,99 Euro, GU Verlag) enthält einen Atemanhaltetest samt ausführlicher Auswertung. Außerdem gibt es Trainingsprogramme, wie man gezielt seine Werte verbessern kann.
Sehr geehrter Dr. Egorov, ich habe gerade ihr hochinteressantes Interview mit Barbara Miller gehört und freue mich, dass endlich mal das Thema der Atmung angesprochen wurde. Danke. Bitte geben Sie mir einen Tipp für diesen „Schnuller“, den Sie vorgeschlagen haben. Ich möchte mir nämlich dringend meine nächtliche Mundatmung abgewöhnen. Ich bin im Internet nicht fündig geworden.
Nochmals danke für Ihre so wertvollen Informationen und Tipps im Interview!
Liebe Grüße aus dem Schwarzwald von Nicol Romfeld
Sehr geehrte Frau Romfeld,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Unter dem folgenden Link können sie sich über den Faceformer („den Schnuller“) informieren:
https://faceformer.de/
Mit freundlichen Grüßen
Egor Egorov
Sehr geehrter Herr Dr. Egorov,
ich habe gerade eine Hypoxietherapie begonnen und habe 3 Fragen dazu.
Wenn Sauerstoffunterangebot und mehr Kohlendioxid so gut sind, dann müssten ja die „Coronamasken“ die Menschen alle fit machen?
In der Krebstherapie wird manchmal Sauerstoff verwendet, da es heißt, dass Tumorzellen anaerobe Bedingungen „lieben“ und deshalb mehr Sauerstoff in den Körper gebracht wird.
Wenn durch die Therapie mehr Melatonin gebildet wird und dadurch der Schlaf gefördert wird, warum schlafe ich dann an den Tagen der Therapie viel weniger? (Ich schlafe ewig nicht ein.) Ich war allerdings erst 4-mal.
Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie mir diese Fragen beantworten könnten, da auch einige Bekannte sich sehr interessiert zeigen und ich diese Fragen nicht beantworten konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Alexandra Marschall
Sehr geehrte Frau Marschall,
vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Fragen.
Zu Ihrer ersten Frage, ob „Coronamasken“ die Menschen fit machen:
Das Maskentragen hat mit einem Hypoxie-Training nichts zu tun. Lesen Sie bitte dazu meinen Blogbeitrag: Löst das Maskentragen eine Hypoxie aus?
Nun zu Ihrer zweiten Anmerkung, dass Tumorzellen anaerobe Bedingungen mögen und deshalb zur Bekämpfung Sauerstoff zugeführt werden sollte:
Der mitochondriale Stoffwechsel in den Krebszellen ist gestört und die Energieproduktion findet überwiegend anaerob, also ohne Sauerstoff, statt. Ein höheres Sauerstoffangebot würde also nicht viel nutzen, weil die betroffenen Mitochondrien es nicht effizient verwerten können. Sinnvoll wäre es, den mitochondrialen Stoffwechsel dieser Zellen wieder auf den Sauerstoffverbrauch umzuschalten. Intervall-Hypoxie-Training hilft, den mitochondrialen Stoffwechsel in den nicht geschädigten Zellen zu optimieren und damit auch dem Immunsystem zu helfen, seine Funktion auszuüben.
Zu Ihrer letzten Frage, warum Sie an den Tagen der Therapie viel weniger schlafen:
Manche Menschen spüren nach den Intervall-Hypoxie-Trainings einen richtigen Energieschub, andere hingegen sind eher müde. Bei Ersteren sollte das Training nach Möglichkeit in die erste Tageshälfte verlegt werden. Alle anderen können nachmittags oder auch abends trainieren. Insgesamt ist bekannt, dass viele Anwender nach einen Intervall-Hypoxie-Training weniger Schlaf brauchen, um morgens ausgeruht aufzuwachen. Was man aber nicht vergessen sollte: Schlaf ist eine sensible Angelegenheit. Viele Faktoren beeinflussen unsere Schlafqualität. Melatonin ist nur einer davon.
Ich wünsche Ihnen alles Gute
Ihr Egor Egorov