Kohlendioxid ist für unseren Körper genauso wichtig wie Sauerstoff. Er ist der Schlüssel für mehr Leistungsfähigkeit. Von seiner Konzentration hängt ab, wie fit die Muskeln und wie gesund die Organe sind.
Für viele Menschen ist Kohlendioxid nur ein Atem-Abfallgas, das so schnell wie möglich über die Lungen wieder ausgeschieden werden sollte. Tatsächlich werden im Ruhezustand nur 12 bis 15 Prozent der Kohlendioxidmenge ausgeatmet. Der größte Teil wird im Blut für lebenswichtige Aufgaben zurückgehalten, denn es weitet Blutgefäße, entlastet Organe und schützt Zellen vor Beschädigung. Vor allem aber kann unser Organismus den an die roten Blutplättchen gebundenen Sauerstoff ohne Kohlendioxid nicht weiterverarbeiten. Deshalb ist es auch das Kohlendioxid, das letztlich unsere Atmung am stärksten beeinflusst.
Keine Frage, wie die Luft zum Atmen brauchen wir auch den Sauerstoff um zu leben. Im Ruhezustand nimmt ein gesunder Mensch daher durchschnittlich sechs Liter Luft pro Minute auf. Die so eingeatmete Sauerstoffmenge reicht für eine Sauerstoffsättigung im Blut von 96 bis 99 Prozent völlig aus, sodass unser gesamter Organismus ausreichend versorgt ist.
Wie der Sauerstoff in die Zellen kommt
Unsere Einatemluft besteht dabei zu knapp 21 Prozent aus dem lebenswichtigen Oxigenium, so der Fachbegriff für Sauerstoff. Über den Mund oder – besser – die Nase wird er von den oberen zu den unteren Atemwegen weitergeleitet. Der Übergang ins Blut findet in den 300 Millionen Alveolen, den Lungenbläschen, statt. Ihre hauchdünnen Wände sind von winzigen Blutgefäßen durchzogen. Über diese Membran gelangt der Sauerstoff schließlich ins Blut, wo die 25 Billionen roten Blutkörperchen seinen Transport übernehmen. Von diesen kann sich der Sauerstoff jedoch nur wieder lösen, wenn die Kohlendioxidkonzentration im Blutplasma stimmt. Wurde das Sauerstoffmolekül an eine Zielzelle übergeben, beginnt der Abtransport des Kohlendioxids. Der gesamte Vorgang von Sauerstoffaufnahme bis zur Ausatmung des Kohlendioxids dauert gerade einmal 1 Minute.
Aber wie genau schaffen es die roten Blutkörperchen, immer am richtigen Ort und zur rechten Zeit die richtige Zielzelle mit Sauerstoff zu versorgen? Ganz so einfach dürfte dieses Hop-on-hop-off-Prinzip ja nicht funktionieren.
Das dachte sich auch der dänische Physiologe Christian Bohr (1855-1911) und ging der Sache auf den Grund. Er wusste bereits, dass Zellen Sauerstoff aufnehmen und Kohlendioxid abgeben; aber wie der Austausch konkret abläuft, das war unklar. Mittels verschiedener Mischungen beider Gase erforschte er, wie das Ablösen am besten funktionierte. Bald stand fest, dass es vom Kohlendioxidgehalt abhängt. Und nicht nur das: Mit dem nach ihm benannten Bohr-Effekt konnte Christian Bohr auch erklären, warum aktive Muskeln mehr Sauerstoff abbekommen. Sie produzieren mehr Kohlendioxid als passive Muskeln.
Damit wird klar: Das eine Gas wirkt nur im Zusammenspiel mit dem anderen. Das scheinbar „schlechte“ Kohlendioxid ist gleichwertig mit dem „guten“ Sauerstoff zu setzen. Und kann sogar mehr als das: Denn ein vorübergehender, leichter Sauerstoffmangel ist für den Körper sogar förderlicher als ein Überangebot. Die Unterversorgung gibt ihm den Impuls, seine Widerstands- und Leistungsfähigkeit zu erhöhen, um nachhaltig besser mit Mangelsituationen umgehen zu können.
Ohne Kohlendioxid geht dabei nichts
Unsere Atemweise wird von der Kohlendioxidkonzentration bestimmt. Denn unser Atemzentrum im Gehirn interessiert weniger, wie viel Sauerstoff in unserem Blut transportiert wird – viel wichtiger für die Atemrezeptoren ist dessen Kohlendioxidgehalt. Steigt die Konzentration an, beschleunigen die Atemrezeptoren die Atmung, um das überschüssige Kohlendioxid loszuwerden. Ist sie zu niedrig, verlangsamen sie die Atemfrequenz.
Das wiederum heißt auch: „Lernen“ die Atemrezeptoren durch entsprechende Atemübungen, mehr Kohlendioxid im Blut zu tolerieren, kann über die Atmung die Sauerstoffaufnahme auf ganz natürliche Weise gesenkt und ein ähnlicher Leistungskick wie bei einem Höhen- bzw. Hypoxietraining erreicht werden.
Die richtige Mischung aus Beidem macht‘s
Je nachdem, wie tief, schnell oder langsam geatmet wird, verändert sich folglich die Kohlendioxidkonzentration. Bei einer langsamen Atmung bleibt mehr Kohlendioxid im Körper zurück, der Säuregrad im Blut erhöht sich und der pH-Wert sinkt. Die Atemrezeptoren im Körper reagieren auf das Ungleichgewicht. Sie aktivieren den natürlichen Atemantrieb, um das Kohlendioxid abzuatmen. Das Gegenteil passiert, wenn zu viel Kohlendioxid ausgeatmet wird. In diesem Fall steigt der Basen-Anteil im Blut und der pH-Wert erhöht sich.
Es hat also nicht nur unsere Ernährung Einfluss auf das Säure-Basen-Gleichgewicht, sondern auch unsere Atmung. Ein ausgeglichener Säure-Basen-Haushalt ist die Voraussetzung für unser Wohlbefinden: Ein pH-Wert von 7,35 bis 7,45 ist für fast alle Zellfunktionen optimal. Das Blut ist dann weder zu sauer noch zu basisch.
Bei Abweichungen versucht der Körper, diesen Wert so gut es geht immer wieder herzustellen. Bei Überatmung setzt er daher zum Ausgleich verschiedene Mineralien ein, etwa Magnesium, Phosphor und Kalium. Diese Maßnahmen sind eigentlich nur als Übergangslösung gedacht. Hält der Zustand jedoch über Wochen und Monate an, werden die körpereigenen Mineralstoffvorräte folgenreich aufgebraucht. Der eintretende Mangel beeinträchtigt die Energiegewinnung in den Zellen, was sich wiederum an Muskeln, Knochen und Nerven negativ bemerkbar macht.
Die Atemtechnik ist entscheidend
Kurzum: Von wegen Atem-Abfallgas! Für unser Wohlbefinden ist das Kohlendioxid genauso wichtig wie der Sauerstoff, wenn nicht sogar noch wichtiger. Für viele Menschen kann eine Erhöhung der Kohlendioxidkonzentration im Blut sogar förderlich sein. Sie verbessert den Sauerstofftransfer und führt zu gesünderen Atemgewohnheiten.
Wer daher primär ruhig durch die Nase tief in den Bauch atmet, tut seinem Körper viel Gutes – da diese „richtige“ Atemtechnik für genau jenes dynamische Gleichgewicht, man könnte auch sagen Wechselspiel, von Sauerstoff und Kohlendioxid sorgt, das unseren Organismus optimal versorgt.
Buchtipp: „10 Atemzüge und nie wieder müde“ (19,99 Euro, GU Verlag) enthält viele Übungen und Tipps für die Umstellung von Mund- auf Nasenatmung – da die „richtige“ Atemtechnik für das dynamische Gleichgewicht von Sauerstoff und Kohlendioxid sorgt.
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Wären Sie wohl so nett, mir mitzuteilen, wie diese von Ihnen empfohlene Membrane heißt, mit der man lernt, nachts weiter durch die Nase zu atmen?
Vielen Dank!
Guten Tag Herr Dr. Egorov, in einem Interview beim Kongress „Gesundheitsmarker“ haben Sie u.a. eine Membrane geannt, welche in der Nacht in den Mund genommen werden kann. Was ist dies genau für ein Hilfsmittel bzw. wie heisst dies?
Freundliche Grüsse, Rosemarie Schibli
Sehr geehrte Frau Schibli,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Unter dem folgenden Link können sie sich über den Faceformer („Membran oder eine Art Schnuller“) informieren bzw. ihn auch bestellen: https://faceformer.de
Mit freundlichen Grüßen
Egor Egorov
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