Schnellere Akklimatisierung mit IHT

von | 25.05.2023 | Archiv, Praxis, Studien, Wirkung | 1 Kommentar

Anwender des Intervall-Hypoxie-Trainings (IHT) können sich innerhalb von 4 Tagen für Hochgebirgstouren akklimatisieren. Eine Studie des indischen Militärs bietet Trainingsansätze für Bergsteiger und Sportler.

Aus der Geschichte der Hypoxie ist bekannt, dass das Militär schon immer ein großes Interesse an dieser Methode hatte. Vor allem zur Vorbereitung von Spezialeinheiten wurde und wird das IHT viel genutzt und erforscht. Leider meistens ohne Einblick für die Öffentlichkeit. Deshalb hat es mich besonders gefreut, dass ein Kollege mich auf die vom indischen Militär veröffentlichte Studie aufmerksam machte.

Die Studie “Rapid Acclimatisation to High Altitude by Intermittent Hypoxia training at Sea-Level: Role of Biochemical Markers” erhielt ich zum richtigen Zeitpunkt. Die Berge rufen wieder! Die Nachfragen zur schnelleren Akklimatisierung auf Bergtouren mehren sich. Aber auch für Sportler, die das Intervall-Hypoxie-Training (IHT) zur Wettkampfvorbereitung nutzen wollen, sind die Studienergebnisse interessant.

Das Studiendesign im Detail

Die Studie wurde mit 30 Soldaten der indischen Arme durchgeführt. Alle Teilnehmer hatten keinerlei Gewöhnung an Höhenlagen. Sie waren an die Bedingungen auf Meeresspiegelhöhe gewöhnt und hatten auch Monate vor der Studie keinerlei Kontakt mit der „dünnen Luft“ der Berge. Alle Teilnehmer hatten in der Vergangenheit noch nie mit Herzkrankheiten zu tun. Und – ungewöhnlich, aber lobenswert – es waren alle Nichtraucher.

Für die Studie wurden die Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt. 14 Teilnehmer haben ein richtiges intermittierendes Hypoxie-Training durchgeführt, der andere Teil diente als Kontrollgruppe. Das Training wurde auf Meeresspiegelhöhe mit Hilfe einer normobaren Hypoxiekammer durchgeführt. Die enthaltene Luft wurde unter normalen Luftdruckbedingungen auf 12 Prozent Sauerstoffanteil reduziert. Die Teilnehmer hielten sich 4 Stunden an 4 aufeinanderfolgenden Tagen in der Hypoxiekammer auf. Nach den 4 Tagen wurden die Teilnehmer mit dem Flugzeug innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach Leh in Ladakh (Indien) auf 3.506 Meter über dem Meeresspiegel gebracht.

Da die Studie hauptsächlich die biochemischen Anpassungen während eines Intervall-Hypoxie-Training untersuchte, wurde den Teilnehmer regelmäßig Blut abgenommen. Im nüchternen Zustand mussten die Soldaten zu Beginn der Studie sowie am 1., 3. und 6. Tag in Leh zur Blutabnahme.

Ergebnisse der Studie

Die Blutproben der Soldaten bestätigten, dass sich eine Vorkonditionierung mit IHT vorteilhaft auf den Antioxidantienspiegel und die Oxidation auswirkt. Ein Blick in die Studie genügt, um die Veränderungen zu erfassen. Erhoben wurden Proteine, die eine Akklimatisierung erleichtern können. Es gibt grafische Darstellungen für die Proteine Hämoxygenase-1 (HO-1), Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) sowie von zwei Hitzeproteinen (HSP60 und HSP70). Die Auswertungen bestätigen ihre Reaktion auf die Hypoxie. Der Anstieg bei der IHT-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe verdeutlicht die Wirkung für eine Vorkonditionierung.

Die Tabelle zur Veränderung des Glutathions im Verlauf der Studie ist ebenfalls sehr aufschlussreich. Es gibt Daten zum reduzierten und oxidierten Glutathion (GSH und GSSG) sowie zum Verhältnis von beiden. Bei der IHT-Gruppe fand schon auf Meeresspiegelhöhe eine Reduzierung des GSH statt, was bei der Kontrollgruppe logischerweise erst in Leh beobachtet werden konnte. Am 4. Tag im Himalaja blieben die GSH-Werte der IHT-Gruppe quasi unverändert. Bei der Kontrollgruppe verschlechterten sie sich weiter. Bei beiden Gruppen gab es keine großen GSSH-Veränderungen. Beim Verhältnis von GSH und GSSG wirkte sich die IHT-Vorkonditionierung positiv auf die Aufrechterhaltung aus.

Die Autoren beobachteten eine signifikante Abnahme des Antioxidantienspiegels bei der Kontrollgruppe am 7. Tag, während bei der IHT-Gruppe keine signifikante Veränderung festgestellt werden konnte.

Dass ein deutlicher oxidativer Stress durch die Höhe ausgelöst wurde, zeigt der erhöhte Hydroperoxidspiegel bei der Kontrollgruppe. Die Teilnehmer der IHT-Gruppe waren durch das Hypoxie-Training besser geschützt. Ihr Hydroperoxidspiegel stieg weniger an. Ein weiterer Hinweis für die bessere antioxidative Kapazität durch das IHT waren die besseren Werte für die Enzyme Glutathion-Peroxidase und Glutathion-Reduktase sowie der Anstieg der Harnsäure.

Mein Fazit zur Studie

Die Studie mit den Soldaten zeigt, dass das Intervall-Hypoxie-Training eine gute Vorbereitung für einen Aufenthalt in den Bergen sein kann. Dafür allerdings 4 Stunden an 4 Tagen in einer Hypoxiekammer zu verbringen, könnte für die meisten Interessenten ein zeitliches und logistisches Problem darstellen. Leichter umsetzbar ist die Vorbereitung mit einem Hypoxiegerät.

Meine Empfehlung für eine Akklimatisierung mit einem Hypoxiegerät:

Die Hypoxie-Phase sollte 5 bis 8 Minuten und die Hyperoxie-Phase 3 bis 4 Minuten andauern. Die Gesamtdauer der Hypoxie-Phasen sollte 40 bis 60 Minuten umfassen. Bei einer Hypoxie-Phase von beispielsweise 5 Minuten müssten 8 bis 12 Zyklen geplant werden, um eine entsprechende Gesamtdauer zu erreichen.

Die Zielzone für die Sauerstoffsättigung im Blut (Sp02) liegt bei 82 bis 80 Prozent. Die Reduzierung des Sauerstoffanteils während der Hypoxie-Phase ist individuell und sollte entsprechend der Kondition der Trainierenden gewählt werden.

Für eine Vorbereitung sollte das Training 1 bis maximal 5 Tage vor dem Aufstieg an 3 bis 4 aufeinanderfolgenden Tagen absolviert werden.

Neben den Ergebnissen liefert die Studie noch Wissenswertes zu den untersuchten Parametern. Außerdem wird der antioxidative Status von Hochland- und Flachlandbewohner verglichen. Bewohner in großen Höhen wie in Ladakh haben im Vergleich zu Besuchern nach einem Monat Aufenthalt einen besseren Schutz vor oxidativen Schäden. Diesen Schutz haben die Bergbewohner aber nur, wenn sie sich nicht körperlich anstrengen. Sobald dies geschieht, sind sie sogar noch anfälliger für oxidative Schäden als akklimatisierte Flachlandbewohner. Was zu der Erkenntnis passt, dass ein Intervall-Hypoxie-Training aufgrund der intermittierenden Hypoxie nicht nur zu einer Erhöhung des antioxidativen Status führt, sondern auch zu einer besseren Anpassungsfähigkeit. Dieser Effekt ist ein Vorteil der intermittierenden Hypoxie im Vergleich zu einer konstanten Hypoxie.

Ein letzter Hinweis für alle, die mehr Zeit für ein Intervall-Hypoxie-Training aufwenden können: Die Hypoxiewirkung von 15 bis 20 Trainingseinheiten entspricht einem Aufenthalt von 3 Monaten in einem Mittelgebirge (400 bis 1.500 Höhenmetern).


1 Kommentar

  1. Klasse & Danke. 🙂

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