Klein, aber oho: Die Mitochondrien

von | Mrz 24, 2022 | Archiv, Grundlagen, Wissenswertes | 4 Kommentare

Mitochondrien sind die Energieproduzenten im Körper und finden sich als eine Art Mini-Kraftwerke in nahezu jeder Körperzelle.

Die weit verbreitete „Kraftwerk“-Bezeichnung basiert auf der wichtigsten Funktion der Mitochondrien: der Produktion von Adenosintriphosphat (ATP), dem universellen Energieträger für alle Zellen. Von diesem Stoff, der bei der sogenannten Zellatmung, einem komplexen Stoffwechselvorgang, entsteht, sind wir abhängig. Ohne ATP wäre keinerlei weiterer Stoffwechsel, Zellerneuerung oder Verdauung, ja noch nicht einmal Konzentration möglich.

Wie alles begann

Vor einer Milliarde Jahren waren die heutigen Mitochondrien noch selbstständige Kleinstlebewesen. Im Zuge der Evolution fanden sie jedoch Unterschlupf in anderen Zellen. Als „Mitbewohner“ genossen sie den Schutz dieser Mutterzellen. Als Gegenleistung übernahmen die Mitochondrien eine wichtige Aufgabe für diese: die Energiegewinnung mit Sauerstoff. Nur durch diese Symbiose wurde das Leben auf der Erde, wie wir es kennen, überhaupt möglich.

Das erklärt auch, warum die nur zwei bis acht Mikrometer, also ungefähr Bakterien-großen Mitochondrien in ihrem Innersten eine eigene DNA bewahren. So können sie sich unabhängig von ihrer Mutterzelle vermehren. Außerdem enthält ihr zwar einfach gebautes, aber wichtiges Erbgut Informationen für die Steuerung der Energiegewinnung. So wurden die Mitochondrien die wichtigsten Energieproduzenten im Körper

Ein Blick in die Mitochondrien

Die winzig kleinen Zellorganellen wurden erst Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt. 1897 taucht erstmals der Begriff Mitochondrien auf, zusammengesetzt aus den griechischen Wörtern mitos für Faden und chronos für Körnchen. Anfang der 1950-Jahre konnte dank der ersten Elektronenmikroskope die Feinstruktur der Mitochondrien erkundet werden. Sie haben eine ovale Form mit einer Doppelmembran, in deren Inneren sich ein Netzwerk aus mehreren Röhren, sogenannten Cristae, befindet.

Die innere Membran liegt dabei in Falten und umschließt den sogenannten Matrix-Raum, das eben beschriebene Innerste der Mitochondrien. Die Faltung dient der Oberflächenvergrößerung, wodurch die Reaktionen in der Matrix schneller ablaufen können. Zwischen der inneren und der äußeren Membran liegt der Intermembran-Raum. Er enthält verschiedenste Stoffe und Enzyme, die durch die äußere Membran mit der Umgebung ausgetauscht werden können. Das sind nur einige von vielen Fakten, warum „klein, aber oho“ für die Mitochondrien gilt.

Gleichzeitig erinnert dieser Aufbau an eine Art Hochsicherheitstrakt. In keinem anderen Zellbereich befinden sich ähnlich aufwendige Schutzmaßnahmen. Auch das ist verständlich, denn ihre Qualität und Leistung entscheidet über die gesamte körpereigene Energieproduktion.

Viele Mitochondrien bringen viel

Junge und gesunde Exemplare der Mitochondrien leisten dabei mehr als alte und schwache. Vermehren tun sich jedoch alle. Sie stehen nämlich untereinander ständig in Kontakt und bilden eine Art Organellen-Netzwerk, das die gesamte Mutterzelle durchzieht. Es wechselt immer wieder seine Form, um sich so den verschiedenen Bedingungen anzupassen. Einzelne Mitochondrien können dabei miteinander verschmelzen und sich wieder abspalten. Die jungen Mitochondrien werden also nicht wirklich „neu“ gebildet, sondern entstehen durch die Teilung einer Mutterorganelle. Das mitochondriale Erbgut wird dabei allerdings mal mehr oder weniger intakt – und leider auch mal ungleichmäßig auf die entstehenden Mitochondrien verteilt.

Neben der Qualität hängt auch von der Quantität der kleinen „Brennöfen“ ab, wie viel Energie dem Körper zur Verfügung steht: Beim Menschen enthalten nur die roten Blutkörperchen keinerlei Mitochondrien, wohingegen in den stoffwechselaktiven Leberzellen bis zu 6.000 pro Zelle vorhanden sein können. Eine Nervenzelle hat etwa 10.000, eine Eizelle sogar bis zu 100.000 Mitochondrien. Und die Mitochondrien des Herzmuskels machen etwa 36 Prozent seines Gesamtgewichts aus.

Kurzum: Je aktiver eine Zelle ist, umso mehr Mitochondrien besitzt sie und umso besser funktioniert ihr Stoffwechsel.

Auch Mitochondrien haben „Feinde“

Allerdings fallen bei ihrer Energiegewinnung mit Sauerstoff auch unerwünschte Abbauprodukte an, die freie Radikalen. Das erklärt auch die schützende Doppelmembran der kleinen „Kraftwerke“. Denn die freien Radikale müssen „im Zaum gehalten“ werden. Ein abgestimmter Stufenplan schützt daher die mitochondriale DNA und hält damit die Energieproduktion aufrecht.

Für die Verteidigung (nicht nur) der lebenswichtigen Mitochondrien nutzt der Körper zudem Antioxidantien. Das sind Stoffe, die als Radikalenfänger arbeiten. Sie werden mit der Ernährung aufgenommen, wie zum Beispiel die Vitamine A, C und E, verschiedene Karotinoide sowie eine Vielzahl sekundärer Pflanzenstoffe. Zusätzlich hat der Körper eine Truppe von vielen Schutzenzymen. Das Superoxid-Dismutase-Enzym etwa steht uns ab dem ersten Atemzug zur Abwehr von freien Radikalen zur Verfügung. Für die Bildung braucht der Körper jedoch ausreichende Mengen an Kupfer, Mangan und Zink. Eine weitere Wunderwaffe unseres Körpers ist das Eiweiß Glutathion, das vor allem in Obst und Gemüse vorkommt. Wenn es ausreichend gebildet wird, können die freien Radikale weniger Schaden anrichten. Es heißt sogar, dass die Leistungsfähigkeit der Mitochondrien maßgeblich von dem Glutathion-Stoffwechsel abhängt.

Der Gesundheitsfaktor

Warum dieser ganze schützende Aufwand? Weil unser körperliches Wohlergehen und unsere Gesundheit direkt von der Anzahl und dem Zustand der Mitochondrien abhängen. Weil mehr als 90 Prozent der Zellenergie von den Mitochondrien produziert wird, hat ihre Bedeutung in der Medizin in den letzten Jahren zugenommen. Immer mehr chronische Krankheiten werden mit ihrer Leistung im Körper in Verbindung gebracht. Von einer Fehlfunktion der Mitochondrien (weil sie geschädigt oder zu alt sind) wird nämlich alles hervorgerufen, was niemand haben möchte. Von chronischer Müdigkeit bis Krebs.

Mehr Mitochondrien mit Hypoxie

Ein Intervall-Hypoxie-Training führt zu einer Verjüngung der Mitochondrien. Sobald sie merken, dass sie nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff beliefert werden, verändern sie innerhalb kürzester Zeit ihre Form. Dies ist ein erster Hinweis, dass sie die Energieproduktion steigern wollen. Dauert die Mangelsituation an, wie bei einem längeren Aufenthalt in den Bergen, oder stellt sie sich erneut ein, wie bei einem regelmäßigen Hypoxie-Training, vermehren sie sich, um mehr Energietreibstoff in Form von ATP produzieren zu können.

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4 Kommentare

  1. Auf meinem I-Phone kann ich leider nirgends ein Eingabefeld zur Bestätigung, dass ich kein Roboter bin, finden. Wie kann ich den Newsletter denn dann abonnieren ❓

  2. Sehr geehrter Herr Dr. Fiedler,

    vielen Dank für Ihren Hinweis.
    Wir haben die Einstellungen für die Newsletter-Anmeldung verbessert.
    Würden Sie es bitte noch einmal versuchen?

    Mit freundlichen Grüßen
    Ihr Doc Egorov-Team

  3. Hallo Herr Dr. Egorov,

    welcher Wert ist bei der Hypoxietoleranz sinnvoll und gibt es Ober- oder Untergrenzen?

    Mit freundlichen Grüßen
    Gerhard Reins

  4. Hallo Herr Reins,

    die individuelle Sensitivität oder Sensibilität für Hypoxie spiegelt die Wechselbeziehung von mindestens drei selbstregulierten Systemen wider: das respiratorische und kardiovaskuläre System sowie das Blut. Die Sauerstoffsättigung des Hämoglobins (SaO2) ist ein Ergebnis dieser Wechselwirkungen. Es kann ein Schlüsselparameter zur Schätzung der hypoxischen Sensitivität sein.
    Ein akuter hypoxischer Test zeigt aufgrund der Herabsenkung der SpO2 (des Grades und der Geschwindigkeit) die individuelle Empfindlichkeit zur Hypoxie und erlaubt, eine individuelle Hypoxie-Tiefe für das Intervall-Hypoxie-Training zu ermitteln.
    Die Hypoxie-Toleranz ist ein Parameter, die eine „Verträglichkeit“ der Hypoxie vermittelt. Zum Teil ist die Hypoxie-Toleranz genetisch bedingt (hier spielt die Stabilität der mitochondrialen Atmungskette eine bestimmte Rolle) und sie kann auch „auftrainiert“ werden. Eine der Möglichkeiten, die Hypoxie-Toleranz zu ermitteln, ist die Bestimmung des sogenannten „hypoxic index“ – des Verhältnisses zwischen der „Entsättigungszeit“ zu der „Aufsättigungszeit“: Es wird ein Atemgasgemisch mit 10 bis 11 % O2 geatmet, bis die SpO2 auf 80 % absinkt oder eine bestimmte Zeitdauer abgelaufen ist („Entsättigungszeit“). Danach atmet der Patient Raumluft und die Zeit bis zum Erreichen von 97 bis 99 % SpO2 („Aufsättigungszeit“) wird festgehalten.
    Dieser Hypoxic-Index ist für unterschiedliche Altersgruppen – und wahrscheinlich auch für unterschiedliche Geschlechter und Gesundheitszustände – unterschiedlich hoch. Und auch die Protokolle zu seiner Bestimmung sind je nach Autoren oder je nach Publikation unterschiedlich. Hier braucht es noch mehr Daten.
    Deswegen orientieren wir uns bei der Ermittlung der Hypoxie-Dosis überwiegend am Gesundheitszustand des Trainierenden und an den Ergebnissen des hypoxischen Tests (falls es überhaupt möglich ist, diesen durchzuführen – siehe „Das Praxisbuch“ Seite 80).

    Mit freundlichen Grüßen
    Egor Egorov

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