Es gibt Momente, da schaltet der Körper automatisch auf Mundatmung um. Vor allem Sportler kennen diesen Reflex. In bestimmten Situationen ist Mundatmung erlaubt, aber nicht im Alltag.
Beim Atmen durch den Mund, wird hauptsächlich die Brustatmung aktiviert. Öffnet sich der Brustkorb, kann mit einem Atemzug zwar mehr Luft aufgenommen werden, doch das größere Atemzugvolumen hat keine positive Auswirkung auf den Körper und keine Vorteile für den Organismus. Oder anders gesagt: Mehr Sauerstoff in den Lungen hat keinerlei Wirkung auf den Gesundheits- und Fitnesszustand.
Jetzt kann man sich natürlich fragen, für was wir dann die Mundatmung brauchen. Eine Antwort lautet: Für so schöne Dinge wie etwa das Lachen. Aber auch beim Sprechen sowie beim Essen und Trinken kann es zeitweise leichter sein, vorübergehend über den Mund Luft zu holen. Doch aufgepasst: Atmet man im falschen Moment durch den Mund, kann es womöglich zu einer Aspiration kommen, bei der zum Beispiel Essensreste in die Luftröhre geraten. Das geschieht zwar nur selten, löst aber in dem Moment Atemnot und einen äußerst unangenehmen Hustenreiz aus, bis der Zugang zur Luftröhre wieder frei ist.
Einen anderen Grund für die Mundatmung liegt in der Evolution. Wir finden ihn bei unseren frühen Vorfahren. Sie wechselten in gefährlichen Situationen von der Nasenatmung zur Mundatmung.
Mundatmung ist ein uralter Reflex
Das Stressmuster von damals lebt noch immer in unseren Genen weiter, auch wenn wir heute ganz andere Lebensumstände haben als die Steinzeitmenschen. Die Entwicklungszeit des Menschen von damals bis heute war jedoch evolutionstechnisch gesehen viel zu kurz, um diesen Reflex an die jetzigen Bedürfnisse anzupassen. Denn heutzutage geht es eher selten um Leben und Tod als noch zu Zeiten der steinzeitlichen Jäger und Sammler. Die ersten Menschen lebten zwar in enger Verbindung mit der Natur, waren ihr aber gleichzeitig auch relativ schutzlos ausgeliefert – ob es um Wind und Wetter ging oder um wilde Tiere. Was damals zum Alltag gehörte, sind jetzt jedoch Ausnahmesituationen, die wir nur noch in Einzelfällen erleben.
Anstrengung beeinflusst die Atmung
Die körperliche Leistungsfähigkeit wird heutzutage eher für geistige und emotionale Anstrengungen benötigt, dennoch reagiert unser Organismus immer noch nach dem (Stress-)Muster von einst. Wenn eine Belastungssituation eintritt, ist das für den Körper daher bis heute das Signal, in den schützenden Kampf- oder Fluchtmodus umzuschalten. Die Atemfrequenz erhöht sich – und die Nasenatmung wird von der Mundatmung abgelöst.
Sie können an Ihrer Herzfrequenz leicht erkennen, wie fordernd die Mundatmung dann ist: Atmen Sie einfach ein paar Mal mit tiefen Atemzügen durch den Mund – innerhalb von ein paar Sekunden wird Ihr Herz schneller schlagen. Sobald Sie jedoch anschließend sanft und entspannt durch die Nase atmen, verlangsamt sich Ihr Herzschlag wieder.
Diese Erfahrung erinnert Sie an etwas? Dann sind sie vermutlich sportlich aktiv. Gerade im Leistungssport gibt es Momente, in denen die kurzfristige und vorübergehende Aufnahme größerer Luftmengen sinnvoll ist. Bei Spitzenbelastungen wie zum Beispiel dem Sprinten – eine Aktivität, die den Fluchtsituationen der Steinzeitmenschen sehr nahe kommt – fällt das Atmen durch den Mund leichter. Sobald die Spitzenbelastung vorüber ist, sollte jedoch wieder durch die Nase geatmet werden.
Nasenatmung in der Regel besser
Im Alltag und unter normalen Bedingungen gibt es hingegen keinen Grund, überwiegend durch den Mund zu atmen. Mehr Sauerstoff einzuatmen verbessert, wie bereits eingangs erwähnt, die Versorgung des Organismus nicht. Ein Überangebot aus der Atemluft beschert kein „Mehr“ an Energie oder Leistungsfähigkeit. Es kann sogar das Gegenteil bewirken, egal, ob man Profi- oder Freizeitsportler ist:
Bei falscher Atemtechnik werden Lunge, Herz und Muskeln nämlich bereits bei verhältnismäßig geringer Belastung nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Es entstehen jedoch in gesteigertem Maße als Nebenprodukt Salze der Milchsäure, ein Stoffwechselzwischenprodukt, das die meisten unter dem Begriff Laktat kennen. Diese Übersäuerung wiederum lässt die Muskeln schneller ermüden. Ein Effekt, der bei der Nasenatmung nicht eintritt.
Buchtipp: Was eine richtige Atemweise bewirkt und wie die Umstellung von Mund- auf Nasenatmung gelingt, erfahren Sie in meinem Buch „10 Atemzüge und nie wieder müde“ (14,99 Euro, Gräfe und Unzer Verlag)
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