Warum Nasenatmung? – Darum!

von | 18.07.2021 | Archiv, Grundlagen, Nachgefragt, Wirkung, Wissenswertes | 2 Kommentare

Während die Mundatmung den Körper eher belastet, verhilft ihm Nasenatmung zur Entspannung. Der Körper wird weder unter- noch überfordert: Die Sauerstoffaufnahme ist deutlich höher – und passt doch immer exakt zur Körperaktivität und der dafür benötigten Sauerstoffmenge. Beim Atmen durch die Nase dreht sich fast alles um Effizienz. Denn auf diesem Weg erreicht die Atemluft viel leichter die unteren Lungenlappen. Die enge Verbindung zum Entspannungsnerv Vagus in diesem Bereich der Lunge ist einer der vielen Gründe, warum eine langsame Nasenatmung so wohltuend wirkt. Ein weiterer Vorteil, der für das Atmen durch die Nase spricht: Es kann nicht passieren, dass zu viel oder zu wenig Sauerstoff eingeatmet wird. Es wird stets exakt die in diesem Moment und für die jeweilige Körperaktivität benötigte Sauerstoffmenge aufgenommen.  
Mehr Sauerstoff heißt mehr Energie
Das fühlt sich jedoch für viele Menschen, die versuchen von der Mund- auf die Nasenatmung umzustellen, nicht so an. Doch die Zahlen sprechen für sich: Die Sauerstoffaufnahme durch die Nasenatmung ist 18 Prozent höher als durch den Mund. Der Körper kann also mehr Sauerstoff aus der Lunge aufnehmen, die Sauerstoffsättigung im Blut steigt und kann so zur optimalen Energiegewinnung genutzt werden. Dass die Sauerstoffversorgung über die Nase in jeder Situation vollkommen ausreichend ist, zeigt sich besonders gut bei körperlicher Belastung. Die Nasenatmung ist für sportlich Aktive aber noch aus einem weiteren Grund förderlich: Mit ihr ist ein Ideal-Training möglich, denn der Körper wird weder unter- noch überfordert. Wenn Sie bei Ihrer sportlichen Aktivität auf Ihren Körper hören, bestimmen die Nase und der Atemrhythmus die optimale Trainingsintensität – auf eine Pulsuhr können Sie verzichten. Sie bleiben automatisch im aeroben Belastungsbereich. Die Energieversorgung der Muskeln ist stets genau auf den Bedarf abgestimmt. Die Folge? Sie ermüden nicht so schnell und das Risiko für Muskelkater und Verletzungen sinkt.  
Mehr Schutz bedeutet weniger Gefahr
Und nicht nur das: Wird die Luft durch die Nase eingeatmet, kann sie vom Körper insgesamt am besten – und auf gesündeste Weise – aufgenommen werden. So schützt die Nase etwa die Lungen, weil sie die Atemluft „reguliert“. Ist die eingeatmete Luft (zu) kühl, wird sie auf Körpertemperatur erwärmt; trockene und heiße Atemluft wird dagegen befeuchtet und abgekühlt. Neben Staub- und Schmutzteilchen werden zudem große Menge an Viren und Bakterien in der Nase aus der Atemluft beseitigt. Würde die Luft stattdessen immer durch den Mund direkt in die Lungen strömen, wären wir deutlich öfter krank. Nicht zuletzt ist die Nasenatmung ein angeborener Überlebensmechanismus. Babys atmen nämlich ganz natürlich durch die Nase; nur so können sie gleichzeitig saugen und atmen – ohne zu ersticken. Noch ein Pluspunkt: Durch die verbesserte Durchblutung im gesamten Körper muss das Herz bei Nasenatmung weniger arbeiten. Die Herzfrequenz und der Blutdruck sinken. Außerdem hat die Position der Zunge bei der Nasenatmung Auswirkung auf die gesamte Körperhaltung, die Muskeln im Hals- und Nackenbereich werden indirekt gestärkt.  
Warum ein Gas lebenswichtig ist
Der Grund für die vermehrte Sauerstoffaufnahme bei der Nasenatmung ist ein farb- und geruchsloses Gas: Stickstoffmonoxid oder einfach: NO. Es wird beim Einatmen durch die Nase in den Nasennebenhöhlen freigesetzt und mit dem Luftstrom zu den unteren Atemwegen und in die Lunge transportiert. Beim Einatmen über den Mund wird jedoch kein Stickstoffmonoxid freigesetzt. Das Gas wird für eine gleichmäßige Durchblutung der Lunge benötigt! Stickstoffmonoxid weitet die Blutgefäße und fördert den Gasaustausch in den Lungenbläschen (Alveolen), sodass mehr Sauerstoff ins Blut aufgenommen werden kann. Das Gas reguliert zudem den Blutfluss und hilft dabei, dass sich der Sauerstoff gleichmäßig im Körper verteilen kann. NO wird letztlich zum Schutz der Gefäße freigesetzt, es glättet deren Innenwände und macht sie elastischer. Ein Beispiel aus dem Alltag zeigt, warum Stickstoffmonoxid unter anderem wichtig ist. Studien bestätigen indirekt den Zusammenhang zwischen erektiler Dysfunktion und Mundatmung. Bei einer Untersuchung zeigte sich nämlich, dass Männer mit Nasenpolypen häufiger unter Potenzstörungen leiden. Als sie nach der Entfernung der Polypen wieder leichter durch die Nase atmen konnten, verbesserte sich auch ihre Erektionsfähigkeit. Aber nicht nur bei Männern tut sich etwas unter dem Einfluss von Stickstoffmonoxid, auch bei den Frauen steigt die Lust auf Sex mit der Bildung des Gases.  
Nasenatmung fördert die Gesundheit
Die Giftigkeit von Stickstoffmonoxid nutzt der Körper übrigens auch für Abwehrzwecke. In der Nase beteiligt sich das Stickstoffmonoxid auch an der Reinigung der Atemluft. Es mehren sich die Hinweise darauf, dass der Körper die Produktion von Stickstoffmonoxid in den Nasennebenhöhlen sogar extra erhöht, um Viren und Bakterien abzuwehren. Wissenschaftler haben beobachtet, wie Stickstoffmonoxid dem SARS-Virus seine Gefährlichkeit nahm und die Viren an der Vermehrung hinderte. Das Gas wurde auch wirksam bei SARS-Patienten eingesetzt, die an einer Lungenentzündung erkrankt waren. Die enge Verwandtschaft des SARS-Virus zum Coronavirus legt nahe, dass Stickstoffmonoxid die Vermehrung des Virus verlangsamt und so die Überlebensrate von gefährdeten Zellen steigern könnte. In Amerika wird daher trotz noch ausstehender Zulassung bereits inhalatives Stickstoffmonoxid bei der Behandlung von COVID-19-Patienten eingesetzt. Aber das sei gleich gesagt, nicht alleine die Nasenatmung wird Sie vor einer Corona-Infektion bewahren. Sie kann jedoch eine einfache Maßnahme zum Schutz vor viralen und bakteriellen Eindringlingen sein. Die Bildung von Stickstoffmonoxid trägt dazu bei, die Immunabwehr zu stärken und das Infektionsrisiko zu senken, auch wenn es sich nur um eine herkömmliche Erkältung oder die „echte“ Grippe (Influenza) handelt.  
Warum Riechen so wichtig ist
Außerdem schützt Sie die Nasenatmung noch anderweitig, denn viele Gefahren kann man – im Gegensatz zu Corona-Viren – riechen. Verdorbene Lebensmittel etwa. Auch bei einem Brand oder dem Auftreten schädlicher Stoffe in der Atemluft reagieren die Riechzellen in der Nase sofort. Doch nicht nur Gefahren erkennt die Nase, sie hilft uns auch bei der Partnerwahl generell: Wer durch den Mund atmet, dem entgehen Pheromone. Dahinter verbergen sich chemosensorische Duft- und Botenstoffe, die darüber entscheiden, ob wir jemanden im übertragenen Wortsinn „riechen“ können – oder nicht.

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2 Kommentare

  1. Hallo Herr Dr. Egorov,

    die Wichtigkeit der Nasenatmung, also durch die Nase einzuatmen, habe ich mehr oder weniger gewusst.

    Aber wie atme ich wieder aus, auch durch die Nase? Ich habe eine COPD, Golding Grad 3-4, und habe in allen Schulungen die aktive Lippenbremse gelernt.
    Bei Anstrengung hilft sie mir doch etwas besser, als durch die Nase auszuatmen.
    Was raten Sie mir? Danke für die Anwort.

  2. Sehr geehrte Leserin,

    vielen Dank für Ihre interessante Frage! Bei COPD-Patienten gelten tatsächlich etwas andere Empfehlungen.

    Die Lippenbremse spielt eine wichtige Rolle, um dem Zusammenfallen der Lungenbläschen entgegenzuwirken. Dennoch sollten auch COPD-Patienten versuchen, zwischen den Lippenbremsenübungen normal durch die Nase ein- und auszuatmen. Atemanhalte-Übungen sowie ein Intervall-Hypoxie-Training können für COPD-Patienten äußerst vorteilhaft sein.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. med. Egor Egorov

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